Durch die jüngste Welle von Zahlungsausfällen und Herabstufungen verbesserte sich auch die Qualität am Hochzinsmarkt. Während viele Hochzinsanleihen mit dem niedrigsten Rating ausfielen und nicht länger in den Indizes vertreten sind, landeten zahlreiche der am niedrigsten bewerteten Investment-Grade-Anleihen als „gefallene Engel“ auf dem Hochzinsmarkt. Heute ist die Qualität des Hochzinsmarkts so hoch wie seit über einem Jahrzehnt nicht mehr.
Das gilt auch für viele angeschlagene Branchen wie Energie, Einzelhandel und Telekommunikation. Diese Sektoren wurden während des letzten Konjunkturabschwungs neu geordnet und weisen heute nicht nur eine höhere Qualität, sondern auch einen geringeren Marktanteil auf.
Gedämpftes M&A-Risiko
In Zeiten der Expansion verschulden sich die Unternehmen oftmals stärker, um Fusionen und Übernahmen (M&A) zu finanzieren oder um die Erträge für Anleger zu steigern. Bei einem Konjunkturrückgang sind sie dann möglicherweise zu hoch verschuldet oder verfügen über zu wenig Liquidität; dadurch besteht das Risiko von Herabstufungen und Zahlungsausfällen.
Aktuell ist die Kreditnachfrage der Unternehmen zur Finanzierung von Fusionen und Übernahmen jedoch gering. Die Nachfrage dürfte sogar noch steigen, ohne dass die Ratings beeinträchtigt würden.
Um Finanzierungsvorhaben von Unternehmen zu quantifizieren, beurteilen wir zunächst ihre Finanzpolitik (konservativ, neutral oder aggressiv). Unserer Analyse zufolge weist derzeit die Hälfte des Investment-Grade-Sektors eine konservative und die andere Hälfte eine neutrale Finanzpolitik auf. Das gilt weitgehend auch für den Hochzinsmarkt, wobei die Technologiebranche, die wir als aggressiv einstufen, eine Ausnahme darstellt.
Insgesamt dürfte die Finanzpolitik in den nächsten zwölf Monaten aggressiver werden. Für mehr als die Hälfte der Emittenten mit Investment-Grade-Rating sind unsere für diesen Zeitraum prognostizierten Bonitätsbewertungen jedoch stabil. Wir gehen ferner davon aus, dass die Verbesserungen bei den Bonitätsprofilen stärker zu Buche schlagen werden als die Verschlechterungen in fast dem gesamten Investment-Grade- und High-Yield-Segment. Damit setzt sich ein neuer Trend fort: Bei den Ratings überwogen im ersten Quartal die Hochstufungen im Vergleich zu den Herabstufungen (3,3 zu 1).
Das schließt zwar nicht aus, dass Private-Equity-Fonds mit hohen Barbeständen fremdfinanzierte Übernahmen verfolgen, aber im Moment überwiegen die günstigen Aussichten für die Fundamentaldaten der Unternehmen die Risiken einer Neuverschuldung durch nicht-strategische Käufer. Und selbst dort, wo Private-Equity-Aktivitäten zu beobachten waren, waren die Auswirkungen auf die Kennzahlen der Anleihenmärkte eher gering.
Keine drohende Mauer der Fälligkeit
Überdies liegt der Fokus der Unternehmen seit Pandemiebeginn darauf, ihre Laufzeiten zu verlängern. Daher droht keine „Mauer der Fälligkeit“, bei der ein Großteil der Anleihen das Laufzeitende erreicht und die Emittenten gezwungen sind, neue Schulden zu den aktuellen Zinssätzen aufzunehmen. Tatsächlich werden nur 20% der Anleihen bis Ende 2025 fällig; der Großteil der Fälligkeiten liegt zwischen 2026 und 2029.
Das kommt dem Öffnen eines Druckventils gleich, denn schrittweise angepasste und verlängerte Laufzeiten bremsen die Auswirkungen höherer Renditen auf die Unternehmen (Abbildung). Derzeit beträgt der durchschnittliche Kupon auf dem Markt für Hochzinsanleihen 5,7% und liegt damit deutlich unter der aktuellen Yield-to-Worst, also der Rendite im schlechtesten Fall. Selbst unter der Annahme, dass die Renditen weiter steigen und in den nächsten vier Jahren hoch bleiben, werden die Kupons aufgrund der verlängerten Laufzeiten voraussichtlich erst im Januar 2026 wieder das vorpandemische Niveau (von über 6%) erreichen.