Eine gute von einer schlechten Unternehmensführungspraxis zu unterscheiden, ist entscheidend für eine erfolgreiche Anlage, denn es kann viel auf dem Spiel stehen. NMC Healthcare, ein privater Gesundheitsdienstleister mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten, veranschaulicht, wie sich Governance-Risiken negativ auf Anleger auswirken können. Das Unternehmen hat seine Verbindlichkeiten über mehrere Jahre hinweg um 4 Milliarden US-Dollar zu niedrig angesetzt. Als das Ausmaß der schlechten Unternehmensführung 2019 ans Licht kam, wurde das Unternehmen unter Zwangsverwaltung gestellt und die Anleihengläubiger erlitten einen Verlust von 80 %.
Aber es kann auch im positiven Sinne viel auf dem Spiel stehen. So können sich die Bemühungen gewissenhafter Unternehmen um eine Verbesserung ihrer Unternehmensführung für die Anleger durchaus auszahlen. ContourGlobal, ein britisches Stromerzeugungsunternehmen mit Niederlassungen in Brasilien, Bulgarien und Afrika, verbesserte sein Governance- und Umweltrisikoprofil, indem es einen Börsengang durchführte und sich verpflichtete, keine neuen Kohlekraftwerke zu bauen. Das führte zu einem deutlichen Rückgang der Kapitalkosten des Unternehmens, und die Anleger, die in diesem Zeitraum in die Anleihen des Unternehmens investierten, konnten eine überdurchschnittliche Wertentwicklung ihrer Bestände verzeichnen.
Irrtum 3: Anwendung von ESG auf EM-Unternehmensanleihen ist zu komplex
Da ESG-Risiken in diesem Bereich undurchsichtig oder komplex erscheinen können, verzichten viele Anleger auf die erforderliche umfassende Sorgfaltsprüfung. Mit einer ausreichend soliden Research-Methodik und einem entsprechenden Anlageprozess ist das jedoch möglich.
Insbesondere die intensive Zusammenarbeit von Teams aus Wirtschaftswissenschaftlern, Analysten, Portfoliomanagern und Spezialisten für verantwortungsbewusstes Investieren gewährleistet die Sammlung und Bewertung relevanter und aktueller Informationen.
Solche Fähigkeiten können sowohl Chancen als auch Risiken aufzeigen und machen Unternehmensanleihen aus Schwellenländern zu einer rationalen und attraktiven Anlageoption.
Irrtum 4: ESG ist zu nebensächlich, um bei Unternehmen aus Schwellenländern wirksam zu sein
Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass bei etwa zwei Drittel der EM-Unternehmensanleihen, die in den letzten zehn Jahren eine Underperformance erzielten, diese Entwicklung speziell auf ESG-Gründe zurückzuführen war, von Umweltkatastrophen bis hin zu Bilanzbetrug. Auf der anderen Seite können die Finanzierungskonditionen für Unternehmen mit guten ESG-Praktiken besser sein, was sich positiv auf die Bilanz des Emittenten auswirkt.
Das bedeutet, dass Anleger ESG-Faktoren in ihre Analyse einbeziehen sollten, auch wenn sie nicht an erster Stelle stehen, denn sie wirken sich auf das Endergebnis eines jeden EM-Emittenten aus. Und wenn ESG ganz oben auf der Agenda steht, können Investitionen in Unternehmen aus Schwellenländern sogar dazu beitragen, den Übergang der Welt zu mehr sozialer Teilhabe und ökologischer Nachhaltigkeit zu finanzieren.