Schwellenländeraktien senden Lebenszeichen aus, die Unternehmensgewinne steigen. Wo sollten Anleger suchen?
Schwellenländeraktien (Emerging Markets, EM) hinkten in den letzten zehn Jahren den Aktien der Industrieländer (Developed Markets, DM) hinterher. Doch einige Trends sehen vielversprechender aus, als die Schlagzeilen vermuten lassen. Die Unternehmensgewinne steigen endlich wieder, insbesondere in den Sektoren Technologie und zyklische Konsumgüter. Wir glauben, dass eine verbesserte Gewinnsituation auf langfristige Chancen für Aktienanleger in Schwellenländern in fünf Schlüsselbereichen hindeuten könnte.
1. China sollte niemals unterschätzt werden
Als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und größter Schwellenmarkt ist China ein entscheidendes Glied im globalen Wirtschaftsmotor. Nach einem starken Jahresbeginn ist Chinas Konjunktur zuletzt ins Stocken geraten, belastet durch die Schwäche des Immobiliensektors und die schleppenden Konsumausgaben. Die akkommodierende Geldpolitik und langfristige Strukturreformen könnten jedoch für Abhilfe sorgen.
Ende September kündigte die chinesische Zentralbank Pläne an, ihren Mindestreservesatz um 50 Basispunkte und ihren Leitzins um 20 Basispunkte zu senken, wobei im Laufe des Jahres weitere Senkungen folgen sollen. Wir sehen das als Beweis dafür, dass die politischen Entscheidungsträger es mit dem 5-prozentigen Wachstumsziel Chinas für 2024 ernst meinen. Dennoch glauben wir, dass die Begeisterung des Marktes über diese Maßnahmen nur von kurzer Dauer sein wird, wenn sie nicht durch grundlegende Verbesserungen untermauert werden.
China treibt auch Regulierungsreformen voran, die darauf abzielen, mehr Kapital anzuziehen und die Aktienkurse anzukurbeln. Die Neun-Punkte-Leitlinien Chinas ermutigen Unternehmen, Gewinne an die Aktionäre auszuschütten, während ein sich änderndes makroökonomisches Umfeld es chinesischen Unternehmen erleichtert, Dividenden zu zahlen. Zu Beginn des chinesischen Wachstumskurses verfolgten viele Unternehmen ein Modell der aggressiven Expansion, indem sie große Mengen an Aktien ausgaben, ohne nennenswerte Dividenden auszuschütten. Gut geführte chinesische Unternehmen sind nun in der Lage, Erträge zu erzielen und diese an die Aktionäre auszuschütten, was in einem langsameren makroökonomischen Umfeld wichtig ist.
Das könnte zwar ein Katalysator für Dividendenerträge sein, aber wir glauben, dass es auch eine gute Ausgangsbasis für Exporteure und Marktanteilsgewinner ist – insbesondere angesichts des schwachen Konjunkturumfelds in China. Da der Markt dazu neigt, China über einen Kamm zu scheren, glauben wir, dass Anleger in allen drei Segmenten ausgewählte Unternehmen finden können, die zu attraktiven Bewertungen gehandelt werden.
2. Taiwan: Im Herzen der KI-Revolution
Da die Revolution der Künstlichen Intelligenz (KI) an Fahrt gewinnt, sollte man darauf achten, dass Taiwan an vorderster Front steht. Schließlich produziert Taiwan mehr als die Hälfte der Halbleiter weltweit. Außerdem befinden sich hier sage und schreibe 90 % der weltweiten Produktionskapazitäten für die Hochleistungschips, die das maschinelle Lernen antreiben. Als asiatisches Pendant zum Silicon Valley bietet Taiwan Anlegern einen Zugang zur Künstlichen Intelligenz zu relativ attraktiven Bewertungen.
Natürlich geht es bei Künstlicher Intelligenz um mehr als nur Chips. Einige der größten Akteure in der globalen Lieferkette für KI haben ihren Sitz in Taiwan, darunter Prüf- und Messunternehmen sowie Hersteller von Substraten, mit denen fortschrittliche Chips auf Leiterplatten befestigt werden können. Wir glauben, dass der KI-Ausbau noch viel Potenzial hat. Die Ausgaben für KI haben sich von Software zu Hardware verlagert, was KI-Zulieferern in den Entwicklungsländern zugutekommen dürfte.
3. Indien könnte eine kritische Lücke füllen
Das bevölkerungsreichste Land der Welt unternimmt konzertierte Anstrengungen, um auf globaler Ebene wettbewerbsfähiger zu werden. Zu den jüngsten Initiativen aus Neu-Delhi gehören die Verbesserung des Reiseverkehrs zwischen den Städten, die Straffung der notorisch schwerfälligen Bürokratie des Landes, die Verbesserung der physischen Infrastruktur und die Entwicklung einer immer moderneren digitalen Infrastruktur. Wir glauben, dass sich die Verbesserungen der Infrastruktur und die Steigerung der Unternehmenseffizienz mit der Zeit auf die gesamte indische Wirtschaft auswirken und neue Chancen für Anleger schaffen werden. Zudem haben robuste Konsumausgaben das starke BIP-Wachstum in Indien gestützt. Aktuell liegt das indische Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf auf einem ähnlichen Niveau wie zu dem Zeitpunkt, als das Wachstum in China nach oben ausschlug (siehe Abbildung).