Diese Trends untergraben die wirtschaftlichen Argumente für Auslandsverlagerungen. Das sogenannte „Offshoring“ ist im Allgemeinen dann sinnvoll, wenn ein Unternehmen eine Ware für mindestens 20 Prozent weniger als in seinem Heimatland produzieren kann. Da Unternehmen und Anleger die Kompromisse neu bewerten, könnten sie auch einen größeren Rabatt für die Auslagerung verlangen, um die zunehmenden Risiken in der Lieferkette auszugleichen. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Punkte genannt, auf die Anleger achten sollten, um Unternehmen zu finden, die den Heimholungstrend anführen.
Anhaltspunkte bei den Ausgaben: Die Art und Weise, wie ein Unternehmen in die Zukunft investiert, kann ein Hinweis darauf sein, ob es die Produktion in neue Regionen verlagert, um künftige Störungen abzuwenden. In einigen Branchen werden enorme Investitionen in Produktionsanlagen getätigt, um die regionale Ausrichtung auf Kunden und Umsatz zu verbessern.
Die Halbleiterindustrie ist hier führend. Intel hat kürzlich Investitionen in Höhe von 29 Milliarden Euro in neue Halbleiterfertigungsanlagen in Deutschland und Irland angekündigt. Das Unternehmen gibt außerdem 40 Milliarden US-Dollar für neue Anlagen in Ohio und Arizona aus. Taiwan Semiconductor Manufacturing investiert 19 Milliarden US-Dollar in Japan und Arizona, und weitere Investitionen werden in Deutschland erwartet. Ausgaben multinationaler Unternehmen in dieser Größenordnung werden die Gewinne in anderen Bereichen wie Stahl und Baumaschinen ankurbeln und Anlegern, die die Nutznießer frühzeitig erkennen, Chancen eröffnen.
Diversifizierung der Zulieferer: Einige Unternehmen stehen aufgrund des Krieges in der Ukraine vor dramatischen Lieferproblemen. Boeing und Airbus zum Beispiel suchen händeringend nach neuen Bezugsquellen für fertiges Titan, das für Flugzeugstrukturen und -triebwerke verwendet wird, weil ein russisches Unternehmen ein weltweit dominierender Lieferant ist. Die westlichen Titanlieferanten sind gut positioniert, um von dieser Verschiebung zu profitieren. Die rasche und kostengünstige Beschaffung neuer Zulieferungen könnte ein entscheidender Faktor dafür sein, ob die Lieferfristen und Gewinnerwartungen eingehalten werden können.
Bilanzverschiebungen: Einige Unternehmen planen, den Cashflow zu nutzen, um das Betriebskapital zu erhöhen und/oder mehr Bestände in den Bilanzen aufzubauen. Das könnte den Cashflow der Hersteller kurzfristig belasten. Auf der anderen Seite glauben wir, dass Unternehmen, die den Vertrieb von Komponenten erleichtern und in Lieferketten integriert sind, an Wert gewinnen werden. Dieser Trend ist bereits erkennbar. Einige Vertriebsunternehmen aus verschiedenen Branchen haben in ihren jüngsten Gewinnberichten die Erwartungen übertroffen, was darauf hindeutet, dass sie beginnen, von den Veränderungen in der Lieferkette zu profitieren.
Managementqualität: Die Umstrukturierung von Lieferketten ist eine strategische Herausforderung, die Initiative, Innovation und die Fähigkeit erfordert, kurz- und mittelfristig höhere Kosten mit langfristigen Vorteilen in Einklang zu bringen. Die Qualität des Managements ist entscheidend für den Erfolg, zumal immaterielle Faktoren den Ausschlag geben können. Da die Lohnkosten einen großen Teil des Puzzles ausmachen, werden Manager, die eine gesunde Unternehmenskultur aufbauen, bei der Bindung hoch geschätzter Mitarbeiter einen Vorteil haben.
Die Beurteilung von Unternehmen in diesen Bereichen erfordert unserer Ansicht nach einen aktiven Anlageansatz. Anleger müssen die richtigen Fragen stellen, anstatt sich einfach auf die öffentlichen Erklärungen eines Unternehmens zu verlassen. Durch den Dialog mit dem Management können Anleger Einblicke in die strategische Vision eines Unternehmens gewinnen und die Entscheidungsfindung beeinflussen. Und in einem Markt, der von kurzfristigen Ängsten getrieben wird, können Anleger mit einer langfristigen Sichtweise Unternehmen identifizieren, die eher in der Lage sind, Lieferketten effizient umzustrukturieren und im Laufe der Zeit ein höheres Ertragspotenzial zu erzielen.
Luke Pryor, Brian Holland und Ryan Thorpe, Senior Analysts für Value Equities, trugen zu diesem Blog bei.