Angesichts der sich beschleunigenden US-Konjunktur und des zunehmenden Preisdrucks fragen sich die Anleger, wann die US-Notenbank (Fed) damit beginnen wird, ihre aktuellen Quantitative-Easing-Anleihenkäufe – eine Säule der expansiven Geldpolitik seit der globalen Finanzkrise – zurückzufahren oder zu reduzieren. Wir glauben nicht, dass eine Rückführung unmittelbar bevorsteht: Sie wird wahrscheinlich nicht vor Ende des Jahres stattfinden. Das ist zwar ein paar Monate früher, als wir bisher dachten, aber es wird den Markt dennoch nicht schockieren.
Ein „Tapering“ wäre nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer letztendlichen Zinserhöhung, die wir je nach Konjunkturverlauf immer noch bis Ende 2022 oder sogar 2023 für unwahrscheinlich halten. Unserer Ansicht nach ist die Begründung für einen Beginn der Reduzierung der Anleihenkäufe gegen Jahresende einfach. Die realen Renditen – die Differenz zwischen Umlaufrenditen und der erwarteten Inflation – sind in den letzten Monaten gesunken, weil die Inflation stärker als die Anleihenrenditen stieg.
Niedrigere Realrenditen sorgen für geldpolitische Flexibilität
Da es für die Wirtschaft auf die Realrenditen ankommt, bedeutet ihr Rückgang seit Mitte März 2021 (Abbildung), dass die Geldpolitik noch lockerer geworden ist, während die Konjunktur anzieht. Wir glauben nicht, dass die Fed eine Straffung der Geldpolitik anstrebt, aber es ist nicht übertrieben zu sagen, dass die Zentralbank im jetzigen Stadium des COVID-19-Aufschwungs wahrscheinlich keine weitere Lockerung für notwendig hält.