Sechs unmögliche Dinge vor dem Frühstück?

21. März 2025
4 min read

Was Sie wissen sollten

Die Abwicklung der „Trump-Trades“, ein Anstieg der Volatilität und die Outperformance europäischer gegenüber US-Aktien haben eine Debatte darüber ausgelöst, ob es sich hierbei um eine taktische Wende oder den Beginn einer längerfristigen Baisse für die Märkte handelt.

Wir gehen davon aus, dass die Marktverschiebung taktischer, nicht strategischer Natur ist. Sie stellt in erster Linie die Auflösung eines ungewöhnlich starken Konsenses dar, beispielsweise im Hinblick auf die USA gegenüber Europa und den Handel mit Wachstums- und Mega-Cap-Unternehmen. Wir glauben jedoch nicht, dass dies das Ende des strategischen US-Exzeptionalismus markiert, der von tief verwurzelten Kräften getrieben wird.

Anleger müssen sich angesichts hoher Bewertungen, Marktkonzentration und eines höchst unsicheren politischen Umfelds auf anhaltende Volatilität einstellen. Zudem sind die taktischen Gewinnaussichten in den USA deutlich niedriger. Dennoch halten wir eine positive Einschätzung der Aktienerträge für das laufende Jahr weiterhin für angebracht.

Die Ansicht, dass es sich bei dieser Verschiebung um eine taktische Neuausrichtung handelt, steht weiterhin im Einklang mit der Erkenntnis, dass wir derzeit ein bedeutsames Ausmaß an geopolitischer Neupositionierung erleben.

Inigo Fraser Jenkins| Co-Head—Institutional Solutions
Alla Harmsworth| Co-Head—Institutional Solutions; Head—Alphalytics

Additional Contributors: Robertas Stancikas, Harjaspreet Mand and Maureen Hughes

Die Abwicklung des „Trump-Trades“ in den letzten Wochen hat bei Anlegern die Frage aufgeworfen, inwieweit dieser Schritt ein taktischer Ausrutscher ist oder einen strategischen Kurswechsel erfordert. Zwar ist der Trump-Trade kein einzelnes, klar definiertes Phänomen, doch das Zusammentreffen von fallenden Aktienkursen, einer schwächeren Performance der US-Aktien gegenüber europäischen Aktien, fallenden Kryptowährungen, der schwachen Performance der Glorreichen Sieben und schwächelnden US-Finanzwerten deutet auf eine Abkehr von den Trades hin, von denen Anleger erwartet hatten, dass sie unter Trump als Präsident gut laufen würden. (Wir berücksichtigen die unterdurchschnittliche Dollar-Performance nicht in dieser Liste, da uns nie ganz klar war, ob Trumps vorgeschlagene Maßnahmen gut oder schlecht für die Währung waren.)

Obwohl die Marktneubewertung der letzten Wochen schockierend wirkt und eine erhebliche Senkung der Hebelung beinhaltete, handelt es sich unserer Meinung nach eher um eine Rotation als um eine Panik vor Risikoanlagen. Diese Rotation beruht zum Teil auf der Annahme, dass sich die Wachstumsaussichten für Europa im Vergleich zu den USA tatsächlich verändert haben, spiegelt aber vor allem das Ausmaß und die nahezu einhellige Stimmung der pro-amerikanischen und anti-europäischen Stimmung zu Jahresbeginn wider. Diese Stimmung manifestierte sich in den beispiellosen Kapitalströmen aus Europa in die USA in den letzten zwölf Monaten. Zwar ist der Goldpreis im Zuge des Marktabverkaufs im letzten Monat gestiegen, doch das Tempo ist das gleiche wie seit der Wahl (dies geht zudem mit dem fallenden Dollar einher, sodass Gold in EUR und GBP nachgegeben hat). Der Abfluss von 5,5 Milliarden US-Dollar aus Krypto-ETFs und der Zufluss von über 11 Milliarden US-Dollar in Gold-ETFs seit der ersten Februarwoche sind ein prägnantes Beispiel für die taktische Rückabwicklung eines Trump-Trades. Wir stellen außerdem fest, dass es keine Anzeichen für eine Verschlechterung der Stimmung gegenüber Unternehmensanleihen gibt, obwohl die Spreads zu Jahresbeginn eng waren. Eine angemessene Risikoreduzierung würde sich in diesen Märkten bemerkbar machen. Das soll jedoch nicht die negativen Auswirkungen schmälern, die beispielsweise durch die gehebelten Erträge spürbar werden, wenn sich Trends wie die von uns beobachteten abschwächen.

Der radikale neue Ansatz bei der Politikgestaltung hat das politische und geopolitische Narrativ zweifellos grundlegend verändert. Doch wie steht es um das Investmentnarrativ? Der Fokus liegt in diesem Beitrag darauf, diese Frage aus einigen spezifischen Blickwinkeln zu beleuchten. Die überstürzte Veröffentlichung so vieler politischer Ankündigungen, die Möglichkeit, dass sich einige davon kurzfristig ändern (z. B. Zölle) und die (zumindest) unkonventionelle Art der Politikumsetzung versetzen Anleger in eine ähnliche Lage wie die weiße Königin in Alice im Wunderland, die jeden Tag versuchen musste, vor dem Frühstück sechs unmögliche Dinge zu glauben. Wir glauben, dass dieser Politikwechsel tatsächlich eine Reihe struktureller Veränderungen mit sich bringt, die ein neues Investmentregime definieren, das die langfristigen Erwartungen von den Normen der letzten Jahrzehnte abhebt, aber nicht unbedingt pessimistisch ist.

Taktisch erwarten wir für globale Aktien im Jahr 2025 positive Erträge, allerdings bei deutlich höherer Volatilität. Die Flut politischer Maßnahmen sowie Ankündigungen von Zöllen und Gegenzöllen dürfte anhalten, was für die Märkte eine schwierige Zeit werden könnte. Der Aktienmarkt hatte wahrscheinlich zu sehr darauf gehofft, dass Deregulierung die negativen Auswirkungen von Zöllen und anderen Maßnahmen abfedern würde. Zwar sind potenziell marktfreundliche regulatorische Ankündigungen noch möglich, aber auch potenziell marktnegative, wie beispielsweise in der Einwanderungspolitik, stehen vermutlich noch bevor. Strategisch glauben wir weiterhin an den US-amerikanischen Exzeptionalismus, taktisch sind die relativen Vorteile der USA jedoch schwächer als zuvor.

Geopolitik und Aktualitätseffekt

Obwohl die geopolitische Neuausrichtung zumindest in den USA nicht die dominierende Rolle bei den Investoren spielt, handelt es sich wohl um die bedeutendste Veränderung der letzten Wochen. Das Problem für Anleger besteht darin, dass die Märkte geopolitische Fragen sehr schlecht bewerten, wie dies auch bei anderen unwahrscheinlichen, aber potenziell verheerenden Ereignissen der Fall ist.

Ein zentrales Thema unserer strategischen Allokationsanalysen ist die Notwendigkeit, sich des Aktualitätseffekts bewusst zu sein. Verschiedene Ebenen dieses Effekts müssen wie die Schichten einer Zwiebel herausgelöst werden. Da ist der Aktualitätseffekt der letzten zwei Jahre eines von der US-Technologiewirtschaft angeführten Handels sowie der Zeit nach 1982 mit ruhiger Inflation, wachsendem globalen Arbeitskräfteangebot, starkem Wachstum und noch höheren Gewinnen. Hinzu kommt der Aktualitätseffekt der letzten 80 Jahre einer von den USA angeführten Nachkriegsordnung. Kurz gesagt: All diese Faktoren müssen beseitigt werden. Man kann zumindest versuchen, die ersten beiden Faktoren zu skalieren und zu bewerten, aber wie sieht es mit dem zweiten aus? Wir argumentieren, dass dies unmöglich ist, daher wäre es falsch, ihn als zusätzlichen Risikoaufschlag bei der Ableitung einer Aktienprognose zu berücksichtigen. Jede solche Reduzierung der langfristigen Aussichten für Aktienerträge könnte jahrelang falsch sein und lässt sich ohnehin nicht korrekt skalieren. Dennoch ist sie wichtig, insbesondere für diejenigen, die mit der Planung langfristiger Allokationen betraut sind.

Wertentwicklungen der Vergangenheit, historische und aktuelle Analysen sowie Erwartungen sind keine Garantie für zukünftige Ergebnisse.

Die in diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Recherchen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar und spiegeln nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider. Die Einschätzungen können sich im Laufe der Zeit ändern.