Wir sind der Meinung, dass die größeren US-amerikanischen und europäischen Banken im Allgemeinen in einem anderen Licht betrachtet werden sollten. Diese Banken sind in der Regel größer und besser diversifiziert, verfügen über stabilere Finanzierungsquellen und ein disziplinierteres Risikomanagement. Außerdem unterliegen die europäischen Banken einer strengeren Regulierung als jene US-Banken, die weniger als 250 Milliarden US-Dollar an Vermögenswerten aufweisen, und können sich auf eine stabilere Finanzierung verlassen. Als Gruppe haben die europäischen Banken während der Krise besser abgeschnitten als die großen US-Banken.
Die Credit Suisse war ein Ausnahmefall. Nach jahrelangen Verlusten im Investmentbanking und erheblichen Einlagenabflüssen Ende 2022 führte das Credit-Suisse-Managementteam einen umfangreichen Umstrukturierungsplan durch, dem es allerdings an Dringlichkeit mangelte. Das machte die Bank anfällig für einen Vertrauensverlust bei Kunden und Anlegern während der von den US-Regionalbanken ausgelösten Panik. Die Rettungsfusion mit der UBS führte dazu, dass die Credit-Suisse-Aktionäre nur noch einen Bruchteil ihres früheren Aktienwerts besitzen und die Inhaber von Credit-Suisse-AT1-Anleihen ganz leer ausgehen. Diese höchst umstrittene Lösung wird wahrscheinlich zu Rechtsstreitigkeiten führen und hat bei den Anleihengläubigern, insbesondere in der Schweiz, zu einer größeren Vorsicht gegenüber AT1-Anleihen geführt.
Zentralbanken in Europa und Asien haben sich von dem Schweizer Ansatz distanziert. Sie haben bekräftigt, dass AT1-Anleihen in der Kapitalstruktur Vorrang vor Aktien haben und dass die Aktionäre als Erste Kapitalverluste hinnehmen müssen, wenn die Lebensfähigkeit einer Bank gefährdet ist.
Voraussichtliche Änderungen bedeuten einen besseren Schutz für Anleihengläubiger
So wie die Aufsichtsbehörden die Banken nach der globalen Finanzkrise von 2008 gezwungen haben, ihre Kapitalpuffer deutlich zu erhöhen, erwarten wir nach den Bankenpleiten von 2023 eine aufsichtsrechtliche Überprüfung, die zu strengeren Mindestliquiditätsstandards führt, insbesondere für kleinere US-Banken. Wir rechnen auch mit einer anhaltenden Debatte über das potenzielle moralische Risiko einer Ausweitung der Einlagensicherung und die Notwendigkeit einer besseren und zeitnahen Berichterstattung der Banken.
Die US-Notenbank und die Europäische Zentralbank haben die Zinsen weiter angehoben und damit ihr Vertrauen in das Bankensystem und ihre Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass die Krise zu einer Verschärfung der finanziellen Bedingungen führen wird, die zur Verlangsamung der Wirtschaft beitragen wird.
Die Fundamentaldaten größerer Banken sind stark
Die Krise hat auch das relativ hohe Engagement einiger regionaler US-Banken in risikoreicheren Gewerbeimmobilien und fremdfinanzierten Privatinvestitionskrediten deutlich gemacht, was ihre Kapitalposition gefährden könnte.
Größere US-amerikanische und europäische Banken halten jedoch als Reaktion auf die strengeren Vorschriften weiterhin sehr hohe Kapitalreserven. Die CET1-Quoten (Common Equity Tier 1) bleiben hoch, insbesondere in Europa (Abbildung), was einen Puffer für ihre AT1-Anleihengläubiger darstellt.